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Rede zur Gedenkfeier am 8. November

Erich-Fried-Gesamtschule Herne am Nov. 08, 2019

Gedenken an die Reichspogromnacht in Herne am Shoah-Mahnmal!

Wir alle spüren einen Klimawandel im doppelten Sinne. Das bringt uns heute wieder hier, an diesen Ort der Erinnerung und Mahnung zusammen. Mit Beidem finden wir uns nicht ab! Nicht mit der, von Menschen gemachten und die menschliche Existenz bedrohenden Zunahme globaler Wetterextreme. Und auch nicht mit dem gesellschaftspolitischen Klimawandel, der zunehmenden Kälte in der Gesellschaft und wachsender rechtsextremer Gewalt und Menschenfeindlichkeit.

Bertolt Brecht schreibt:
"Da fragte ich mich: Was für eine Kälte
Muss über die Leute gekommen sein!
Wer schlägt da so auf sie ein
Das sie jetzt so durch und durch erkaltet?
So helft ihnen doch! Und tut das in Bälde!
Sonst passiert euch etwas, was ihr nicht für möglich haltet!"

Heute ist ein Anlass daran zu erinnern, dass unsere Schule den Namen „Erich Fried“ trägt. Erich Fried, dem verfolgten Juden gelang 1938, dem Jahr der Pogrome, als 17-jährigem die Flucht vor den Nazis. Fried verstand sich zeitlebens als ein Schriftsteller, der gegen Faschismus, Rassismus, Unterdrückung und Vertreibung unschuldiger Menschen anschrieb. Wir stellen uns bewusst in seine Tradition.

Erich Fried schreibt in seinem Gedicht „Dann wieder“:
"Was keiner geglaubt haben wird
was keiner gewusst haben konnte
was keiner geahnt haben durfte
das wird dann wieder
das gewesen sein
was keiner gewollt haben wollte."

Wie in den letzten Jahren haben wir uns heute wieder hier versammelt, um gemeinsam an die Opfer von Nazi-Terror und Krieg zu erinnern. Wir stehen gemeinsam dafür ein, dass sich das Leid, dass Rechtsextreme und Nazis damals über die Menschheit gebracht haben, niemals wiederholt. Gemeinsam mit vielen Menschen aus der Herner Stadtgesellschaft und dem „Bündnis Herne“, stellen wir uns den Nazis von heute in den Weg! Den Rassisten, die wöchentlich durch Herne marschieren, überlassen wir nicht unsere Stadt!

Wir stehen hier an diesem Mahnmal für die Opfer des Widerstandes gegen den Faschismus, um an die Männer, Frauen und Jugendlichen aus Herne und Wanne-Eickel zu erinnern, die ihre Gesundheit und ihr Leben im Widerstand gegen die Nazi-Barbarei und den Krieg lassen mussten. Die Opfer von damals mahnen uns, heute wachsam zu sein!

Viele der Verfolgten, die damals unter ständiger Lebensgefahr Widerstand leisteten, mussten schon früh ihre Heimat verlassen, weil sie vor den Nazis, ihren zahllosen Helfern und Mitläufern flüchten mussten. Oft fanden die Emigranten Unterschlupf und Hilfsbereitschaft in Deutschland und in anderen Ländern.

Wir haben uns auch heute wieder hier zusammengefunden, um der zahlreichen Opfer von
Faschismus,
Nationalismus,
völkischem Denken,
Rassenwahn,
Zwangsarbeit und Krieg
in unserer Stadt zu gedenken.

Wieder stehen wir gemeinsam heute hier, um daran zu erinnern, dass am 9. November 1938, vor 81 Jahren in Herne und Wanne-Eickel die jüdischen Gotteshäuser, die Synagogen, von den Nazis und ihren Helfern in Brand gesteckt, jüdische Mitmenschen und Nachbarn entrechtet, verfolgt, beraubt und ermordet wurden.

Wir sind heute aber auch wieder hier um laut NEIN zu sagen: Wir sagen Nein zu Hass und Gewalt gegen schutzsuchende Flüchtlinge und Ausländer und Menschen anderer politischer Gesinnung, ihrer Hautfarbe oder ihrer religiösen oder sexuellen Orientierung! Wir finden uns nicht damit ab und wir sind empört darüber, dass - fast täglich - Menschen auf ihrer Flucht vor grausamen Kriegen, vor Verfolgung, Not und Elend zu Tode kommen!

Wir sagen NEIN
zu brennenden Flüchtlingsunterkünften! Zu Mord-und Gewaltandrohungen gegen Politiker, Journalisten. Klimaaktivisten und Andersdenkende!

Wir sagen NEIN zu der rassistischen Hetze der geistigen Brandstifter in sozialen Netzwerken, auf dem Schulhof, an den Stammtischen, im Betrieb oder auf der Straße! Wir stellen uns schützend vor unsere Mitschülerinnen und Mitschüler aus Migrationsfamilien und sagen ihnen mit Erich Fried: „Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bis du die ganze Welt!

Wir sagen NEIN
zu allen Kriegen auf der Welt und zum Waffenhandel!

Wir sagen NEIN
zu Armut und sozialer Ungerechtigkeit in unserer Stadt, in unserem Land und in der Welt!

Wir treten ein
  • für Menschlichkeit und Solidarität,
  • für Toleranz und Vielfalt,
  • für den Frieden, soziale Gerechtigkeit und eine glückliche Zukunft a l l e r Menschen!
Darum bitten wir euch,
  • Schaut nicht weg, sondern seht genau hin!
  • Ergreift das Wort, wenn andere zum Unrecht schweigen!
  • Nehmt Anteil am Schicksal eurer Mitmenschen, wo andere gefühlskalt und gleichgültig die Schulter zucken!
  • Werdet aktiv, helft mit und bietet der Unmenschlichkeit die Stirn!
Wer Flüchtlinge, Migranten und Andersdenkende angreift und verächtlich macht, greift uns an und macht uns verächtlich!

Wer die Rechte der Schwachen missachtet, missachtet auch uns! Wer Kriege anzettelt und vom Waffenhandel profitiert, wer den Klimawandel ignoriert und verleugnet, gefährdet das Überleben auf unserem Planeten, zerstört die Heimat und Lebensgrundlage von Millionen Menschen!
Und der bedroht auch unsere Zukunft!

Bertold Brecht schreibt:
„Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt
Und lässt andere kämpfen für seine Sache
Der muss sich vorsehen: denn
Wer den Kampf nicht geteilt hat
Der wird teilen die Niederlage.
Nicht einmal den Kampf vermeidet
Wer den Kampf vermeiden will: denn
Es wird kämpfen für die Sache des Feinds
Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“

Erich Fried mahnt:
„Die Zukunft liegt nicht darin, dass man an sie glaubt oder nicht an sie glaubt, sondern darin, dass man sie vorbereitet.“

 Greifen wir also aktiv ein, überlassen wir unsere Zukunft nicht denen die Hass und Gewalt predigen! Unsere Zukunft vorzubereiten bedeutet, heute für einander einzustehen und zu verhindern, dass sich Geschichte wiederholt! 

Wir bitten Euch nun um eine Schweigeminute im Gedenken an die Opfer des Nazi-Terrors von damals und heute!

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