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Menschenrechte statt rechte Menschen!

Eric Lobach am Okt. 08, 2019

Menschenrechte statt rechte Menschen!

Hier auf diesem Platz…
stehen besorgte Menschen, die für unsere Gesellschaft tagtäglich den Arsch hochkriegen. Menschen die sich in der Kommunalpolitik einmischen. Menschen die in gemeinnützigen Vereinen und Verbänden oder den Kirchen aktiv sind. Menschen die in Kindertageseinrichtungen tagtäglich die frühkindliche Bildung unserer Kleinsten übernehmen. Menschen die tagtäglich in unserem Bildungssystem an Herner Schulen, trotz aller Widrigkeiten, immer noch den Anspruch haben unsere Kinder gut auf das Leben vorzubereiten.

Hier auf diesem Platz…
stehen besorgte Menschen, die in Betrieben und Verwaltungen in Betriebs- und Personalräten sich aktiv für gute Arbeitsbedingungen einsetzen. Menschen, die sich tagtäglich in den Gewerkschaften dafür einsetzen, dass der Preis der Ware Arbeitskraft angemessen entlohnt wird und dass wir von unserer Hände Arbeit auch vernünftig leben können.

Hier auf diesem Platz…
stehen besorgte Menschen, die bei der AWO oder der Caritas, in der Flüchtlingshilfe oder in der arbeits- und erwerbslosen Hilfe, sich täglich dafür einsetzen, dass es in unserer Stadt ein bisschen gerechter, herzlicher und menschlicher zugeht.

Hier auf diesem Platz…..
stehen einfach ganz normale einfache Leute. Erwerbstätige und Erwerbslose. Rentnerinnen und Rentner. Arbeiterinnen und Arbeiter. Selbstständige Handwerksmeister und Studentinnen und Studenten.
Und damit ist bereits eine erste Lebenslüge dieser „Wutbürger“ widerlegt.
Demnach es sich bei den bunten, zivilgesellschaftlichen Protesten gegen Rechts, eh nur um wohlhabende Oberschichten handelt und der „einfache Mann“ hier nicht vertreten ist.

Hier auf diesem Platz stehen heute wieder viele tolle Menschen, die sich um Herne sorgen und deshalb hier erneut demonstrieren für ein weltoffenes und friedliches Miteinander.

Wir sind besorgt, weil unsere offene Gesellschaft unter Druck ist: Rechtspopulisten, Rassisten und Nazis versuchen mit Hass und Gewalt auf der Straße und in den Parlamenten Fuß zu fassen.

Dagegen setzen wir heute erneut miteinander ein starkes Zeichen, für Vielfalt, für Toleranz und für gesellschaftliche Solidarität!

Heute vor inzwischen sieben Wochen, sind wir das erste Mal hier zusammengekommen. Es gab bei unserer ersten Veranstaltung keine Reden oder sonstige Beiträge. Wir wollten uns ein Bild machen, von denen, die da durch unsere Stadt marschieren. Unsere Vermutung, dass unter dem Tarnmantel eines "Spaziergangs besorgter Bürger", in Herne rechtsextreme Strukturen etabliert werden sollen, hat sich -leider- bewahrheitet.

Seitdem steht, völlig zu Recht, das demokratische, zivilgesellschaftliche Spektrum unserer Stadt in Alarmbereitschaft.

Und auch die kürzliche Stellungnahme eines, namentlich nicht genannten, Organisators dieser Rechten Aufmärsche, führt nicht dazu das wir unsere Alarmbereitschaft herunterfahren.

Dieser Organisator wird in der Presse zitiert mit den Sätzen „Die Teilnahme von SS-Siggi hat uns verwundert“. Vielmehr „distanzieren sie sich von der rechtsextremen Szene“.

Diese Distanzierung ist nicht glaubwürdig und wir nehmen sie denen nicht ab!

Das was wir in den letzten fünf Wochen hier zu sehen und zu hören bekommen haben, lässt keinen anderen Schluss zu: Bei diesen angeblichen Spaziergängen marschieren keine besorgten Herner Bürger, sondern Nazis und Faschisten.
Schaut euch nur mal die Pressefotos der rechten Aufmärsche an. SS-Siggi und der Typ mit Hitlergruß wurden ja schön öfter in der Presse erwähnt. Auf den Bildern sehen wir aber viele weitere modische Highlights wie:

  • T-Shirt mit Maschinengewehr und der Überschrift „Hausbesuche“
  • T-Shirt mit Aufdruck „Oldschool Criminal“ (Krimineller der alten Schule)
  • T-Shirt mit Aufdruck „Kategorie C“ (Gewaltbereite Hooligan-Nazi Band)
  • T-Shirt „Stellt sie alle an die Wand und Feuer!“ (Selbstredend/Nazi Band)
  • Kettenanhänger „Thorshammer“ – als Antichristliches und Völkisches Symbol
  • T-Shirt „HKNKRZ“ (Das Wort Hakenkreuz ist nicht verboten/nur das Symbol)
Gravierend und aussagekräftig ist auch das Video vom 03.09.2019, vom Abschlussfoto der Nazis am Herner Bahnhof. Dort skandieren Teilnehmer laut „White Power“ und zwar ohne Widerspruch! „Weiße Macht“ Schlachruf des Ku-Klux-Klans und ein Schlüsselbegriff der Neonaziszene.

Zusätzlich zu dieser skurrilen und offen zur Schau gestellten menschenverächtlichen Weltanschauung, rief zuletzt eine sogenannte „Bruderschaft Herne“ gemeinsam mit anderen Nazis, wie z.B. „PEGIDA NRW“ und „Wir für Deutschland“ am 08.09.2019 zu einer landesweiten Demonstration in Mönchengladbach auf.

Und auch bei der bundesweiten Nazidemo am 03.10.2019 in Berlin marschierten diese besorgten Herner mit. Dort marschierten sie gemeinsam mit Vertretern der gesamtdeutschen Rechtsextremen Szene, von Reichsbürgern über die Neonazipartei „Der III. Weg“ bis hin zur NPD.

Sieht so eine Distanzierung vom Rechtsextremismus aus?

Wohl kaum!

Und deswegen ist es gut und richtig, dass wir diesen Leuten nicht unwidersprochen die Straßen in Herne überlassen und auf die einhergehenden Gefahren hinweisen.

Dieser Rechtsextremismus und der damit einhergehende Rechtspopulismus gefährden den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt.
Ausgrenzung von Minderheiten und Andersdenkenden oder Hassreden ermutigen Extremisten zu staats- und fremdenfeindlichen Straftaten. Sie sind eine ernsthafte Bedrohung für unser demokratisches und soziales Gemeinwesen.

Wir treten ein für einen Rechtsstaat, in dem für alle die gleichen demokratischen Spielregeln gelten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Flüchtlinge handelt, die gerade erst bei uns angekommen sind, Menschen, die schon länger in Deutschland leben oder hier geboren sind.

Und um das Klarzustellen, damit wollen wir keine bestehenden Probleme unter den Tisch fallen lassen und erst recht nicht etwaige Verbrechen totschweigen oder verharmlosen!

Mit bestem Gewissen behaupte ich, es gibt in Herne niemanden, der zum Beispiel die soziale Schieflage in unserer Gesellschaft vehementer kritisiert, wie die Herner Gewerkschaften!

Oder nehmen wir das Beispiel „Innere Sicherheit“. Ich bin fest davon überzeugt, dass es zum Beispiel in den Herner Bezirksvertretungen zahlreiche Kommunalpolitiker/innen gibt die sich in ihrem Bezirk bestens auskennen. Ich bin sicher, etwaige problematische Ecken oder Entwicklungen sind denen bestens bekannt. Und sie versuchen ihr bestes da gegenzusteuern!

Aber wer etwas mitzuteilen hat, darf keinen Schweigemarsch abhalten! Der soll sich zu Wort melden und sich einbringen! In Herne gibt es eben keine Schweigespirale, wie zuletzt ein FDP Politiker behauptete! Hier wird Tacheles geredet!

Es ist leicht, auf Facebook über die „die da oben“ zu schimpfen und dann die Likes zu zählen.

Es ist aber schwerer, sich mit Fragen zu befassen, die mit Ja oder Nein kaum zu beantworten sind. Es ist schwerer, nicht immer nur sein Recht zu sehen, sondern auch seine Verantwortung.

Ich glaube, die da marschieren, die wollen nicht diskutieren und ihre Sorgen als besorgte Bürger kundtun. Der Dialog ist ein Instrument der Demokratie, an dem der Faschismus nicht interessiert ist! Denen geht es darum die Straßen und Plätze mit ihrem braunen Gedankengut einzunehmen. Aber das werden wir weiterhin, nicht stillschweigend zulassen!

Unser Gegenentwurf lautet: Mitmachen! Mitreden! Miteinander!

Und auch wenn sie sich, hier in Herne aktuell nicht aktiv, bzw. offensichtlich beteiligen oder mitmarschieren, müssen wir bei dieser ganzen Entwicklung auch die Rolle der AfD ansprechen.

Der Rechtsextremismus hat mit der AfD wieder eine massenwirksame, organisatorische Form bekommen.

Das ist ein ernstes Problem, zu dem wir uns aktiv und offensiv verhalten müssen. Und die AfD grenzt sich nicht von Rechtsextremen ab – im Gegenteil.

Wer unseren breiten gesellschaftlichen Protest hier, abtut als „Islam-Propaganda“, wie die Herner AfD in einem Facebook-Posting, dem spreche ich die charakterliche Eignung für ein demokratisches Parlament, wie den Stadtrat, ab.

Die Herner AFD unterstellt uns, in einem anderen Facebook-Posting, mit unseren Aktionen eine „demokratische Kundgebung“ zu bekämpfen.

Und das ist übrigens eine weitere Lebenslüge dieser Wutbürger. Wie oft habe ich schon die Sätze „und wenn man was sagt, ist man gleich ein Nazi“ oder „das wird man jawohl noch sagen dürfen“ gehört oder gelesen.

Wie dumm und widersprüchlich diese Aussage ist, merken viele gar nicht mehr. In unserer Stadt darf jeder seinen geistigen Dünnpfiff loswerden und selbst offenkundige Nazis (ob aus Dortmund, Essen oder Herne) dürfen hier durch unsere Stadt marschieren. Sie werden rechtsstaatlich geschützt durch die Rede- und Versammlungsfreiheit.

Nur diese Rede- und Versammlungsfreiheit besagt halt nicht, dass sich auch jeder unwidersprochen diesen Stumpfsinn anhören oder anschauen muss.

Sie müssen hinnehmen, dass eine Mehrheit in Herne solche Aussagen nicht unwidersprochen lässt und solche Aufmärsche nicht stillschweigend erduldet. Und das ist auch gut so!

Herne ist eine krisenerprobte Stadt. Herne ist aber insbesondere eine Stadt der Solidarität und des Zusammenhalts. Eine tolle Stadt mit vielen liebenswerten und aktiven Menschen.

Einige davon stehen heute vor mir! Wir wollen eine offene, tolerante, faire, gerechte, solidarische und demokratische Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der Ausgrenzung, Hass und Gewalt keinen Platz haben.

Dafür lohnt es sich zu streiten. Herne bleibt solidarisch!

Wir wollen Menschenrechte statt rechte Menschen!

Und mit einer Sache in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“, haben die Redakteure doch Recht! Mit einem klassischen Glückauf kann und sollte man in Herne gerne eine Rede beenden!

In diesem Sinne…. Glückauf!

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